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„Wer wollen wir sein?“ Öffentliche und eigene Wahrnehmung der Landwirtschaft

Im Niedersachsenhof in Verden, und damit mitten in einem Landvolknest, warf die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in Niedersachsen/Bremen mit ihrer Herbsttagung am 23. Oktober große Fragen am Puls der Zeit auf: Wie nehmen sich die Landwirte wahr, wie werden sie wahrgenommen? Wie nimmt die Presse landwirtschaftliche Themen auf, kann sie die Standpunkte unterscheiden? Wie ist die Diskussionskultur und der Umgang miteinander? Und wie wirkt das in Krisenzeiten? „Bauer – Landwirt – Agrarunternehmer/ Wer bin ich und wer will ich sein?“ – so der Titel.

Respekt gefordert

Eingangs referierte die Pastorin für den kirchlichen Dienst auf dem Lande,  Ricarda Rabe. Durch ihre Arbeit als Familienbeauftragte ist sie nah dran an den Bauernfamilien, sitzt mit ihnen am Tisch und führt Gespräche. Sie berichtete, wie sie die Situation auf den Höfen erlebt. Der Druck, der auf den Bauernfamilien lastet, zeige sich vermehrt in innerfamiliärer Gewalt, gegenüber Menschen und Tieren. Soziale Probleme, die schon immer da waren, bekämen durch die katastrophale wirtschaftliche Lage und die fehlende gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung eine neue Schärfe, die Konsequenzen seien öfter Alkoholismus, Depressionen und Burn-Out. Die Kirche fordere in dieser Situation dringend mehr Respekt von der Gesellschaft in Wort und Tat.

Medienwirkung

Die Mediensicht auf die Landwirtschaft und deren Image stellte Dirk Fisser von der Neuen Osnabrücker Zeitung vor. Er diagnostizierte, dass die Wahrnehmung landwirtschaftlicher Themen in nicht-landwirtschaftlichen Medien sehr undifferenziert sei und die verschiedenen Positionen nicht klar genug zur Geltung kämen. Er bemerke, dass es den landwirtschaftlichen Verbänden bisher weder gelungen sei, die Landwirtschaft in ein positives Licht zu rücken, noch sie einfach zu erklären. Dies gelänge auch deshalb nicht, weil im „postfaktischen“ Zeitalter  nicht mehr nur die Argumente, sondern viel mehr die Emotionen zur Meinungsbildung beitrügen. Festgehalten wurde, dass die AbL es besonders verstünde, zu emotionalisieren.

Mutig bäuerlich

Es folgte eine Diskussionsrunde, zu der noch Jörn Ehlers vom Kreislandvolkverband und Johanna Böse-Hartje vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) hinzu kamen. Im Verlauf, der sich als sehr zugewandt und offen gestaltete, wurden aber auch sehr unterschiedlichen Auffassungen zur Imageverbesserung der Landwirtschaft deutlich: standen die einen für die Öffnung der Ställe, um eine Entromantisierung voranzutreiben, , forderten die anderen, sich der Bedürfnisse der Gesellschaft zu öffnen. Es gehe darum, zu versuchen, den Wünschen der Verbraucher entgegen zu kommen, z.B. mit Schweinehaltung auf Stroh oder Direktvermarktung.

Die anwesenden Bauern und Bäuerinnen der AbL diskutierten in der internen Mitgliederversammlung anschließend weiter, thematisierten die Notwendigkeit von unabhängiger eigener Arbeit bei gleichzeitig wertvoller Bündnisarbeit und  stellten fest, dass die AbL als einziger Verband mutig die Strukturfrage stellt, und Schlagworte wie „bäuerliches Denken“ und „Kultur“  Bestandteil des politischen Engagements sind.