Verden (Aller), 21.05.2025
Ausgetrocknete Böden, lückig auflaufende Frühjahrssaaten, teils starke Ertragseinbußen beim ersten Grasschnitt, seit Wochen kein substanzieller Niederschlag in Niedersachsen. Die Lage ist dramatisch: Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung weist für den Oberboden (bis 25 cm) in Norddeutschland seit Wochen tiefrote Werte aus: Die stärkste Dürrestufe. Endet der Mai so regenfrei wie er begonnen hat, werden wir das trockenste Frühjahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1981 zu verzeichnen haben. Wasser wird EU-weit zunehmend ein knapperes Gut.
Elisabeth Fresen, Bäuerin aus Verden/Aller, schildert die Dramatik, die sich hieraus für die aktiven Landwirte und Landwirtinnen in Norddeutschland ergibt:
„Meine Flächen liegen direkt in den Aller-Auen. Jetzt im Mai müssten wir hier eigentlich saftiges Grün sehen. Doch in diesem Jahr ist das anders: Selbst die Flächen, die direkt an der Aller liegen sind braun und vertrocknet, obwohl wir noch nicht einmal beweidet oder gemäht haben. Auch Ackerkulturen verbrennen in der Sonne, unsere Neuansaaten gedeihen schlecht. Wir rutschen von einem Extrem ins andere: Noch im Winter 2023/2024 standen unsere Auenwiesen meterhoch unter Hochwasser, so langandauernd wie wir es vorher nicht erlebt hatten. Und jetzt diese dürre. Die Folgen der Klimakatastrophe sind für uns Bäuer*innen bereits Realität und die aktuelle Dürre ist Ausdruck dieser Bedrohung.
Vor diesem Hintergrund ist unverständlich, dass weder auf kommunaler, noch auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene genug für Umwelt- und Klimaschutz getan wird. Gerade wir Landwirt*innen sind auf eine intakte Natur und Klimaschutz angewiesen. Der Abbau weiterer Umwelt- und Klimastandards hilft uns nicht.“
Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz haben gerade keine Konjunktur. Im Gegenteil, unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus sollen bereits etablierte Standards abgebaut werden. Auf EU-Ebene wurden in der vergangenen Woche Inhalte eines geplanten „Vereinfachungspakets“ vorgelegt. Der Dauergrünlandschutz sieht bisher vor, dass sich die Dauergrünlandfläche eines EU-Mitgliedsstaates im Vergleich zum Referenzjahr 2018 nicht um mehr als 5 Prozent reduziert werden darf. Dauergrünlandschutz ist wichtig für das Klima, da Grünland deutlich mehr CO2 als Ackerland speichert. Dieser Wert soll nun auf 10 Prozent angehoben werden. Auf Basis einer ersten Überschlagsrechnung würde die Umsetzung in der gesamten EU rund 125 Mio. Tonnen zusätzliches CO2 freisetzen. Diese Menge entspricht grob den gesamten Treibhausgasemissionen des Landes Tschechien im Jahr 2023.
Die EU-Kommission spricht in ihrer Vision zur Zukunft der Landwirtschaft davon, zukünftig stärker auf Anreize statt Vorgaben setzen zu wollen, wie auch der Strategische Dialog auf EU-Ebene und Zukunftskommission Landwirtschaft in Deutschland (ZKL) empfehlen. Das Vereinfachungspaket sieht gleichwohl nur eine Rücknahme von Standards vor, nicht aber eine Ausweitung von Anreizen. Hierfür wäre es notwendig, das Budget für die Öko-Regelungen und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) anzuheben. Dies ist nicht vorgesehen.
Ottmar Ilchmann, Landesvorsitzender der AbL Niedersachsen und Milchbauer aus Ostfriesland, kommentiert:
„Die AbL Niedersachsen/ Bremen beobachtet diesen Trend mit Sorge: Einen Abbau von Umwelt- und Klimastandards können wir uns weder in Niedersachsen noch anderswo leisten. Die Auswirkungen des Klimawandels, Wetterextreme bei denen Dürren oder wie im letzten Jahr anhaltende Niederschläge zu starken Einschränkungen der Nutzbarkeit landwirtschaftlicher Flächen führen, sind gerade auch in Deutschland deutlich spürbar.“
Kontakt für die Presse:
Ottmar Ilchmann, Landesvorsitzender AbL Niedersachsen/ Bremen e.V., ilchmann[at]abl-ev.de, mobil: 0176 45 000 760
Maren Ihnen, Geschäftsführung AbL Niedersachsen/ Bremen, info[at]abl-niedersachsen.de, mobil: 01575 28 68 228
Elisabeth Fresen, Landwirtin in Verden (Aller) und AbL Niedersachsen/ Bremen, mobil: 0176 614 246 21
Fotos zur freien Verwendung: https://www.abl-niedersachsen.de/presse/pressefotos (Nach Absprache eignen sich die gezeigten Flächen insbesondere auch zur Aufnahme von Bewegtbildern)