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AbL Entwurf für diese Legislaturperiode
Teil der Frühjahrstagung am 19.3. in Syke
Regionales Entwicklungs- und Förderkonzept für den Bereich Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung als Querschnittsaufgabe, 2023 – 2027
Problemhintergrund: Seit Jahren wird von der Notwendigkeit regionaler Lebensmittelversorgung, Erhalt regionaler und handwerklicher Verarbeitung und kurzen Lieferwegen gesprochen.
Leider sind in Niedersachsen nur wenige Ansätze zur Förderung dieser dringlichen Aufgaben erkennbar. Ganz im Gegenteil – aufgrund fehlender, zielgerichteter Förderung schließen viele Betriebe schneller ihre Türen als eine zukunftsweisende Perspektive entwickelt werden kann. Hauptgründe für den Verlust an regionaler Infrastruktur sind nicht nur eine wachsende und damit hemmende Bürokratie sondern auch fehlende Wirtschaftlichkeit, Fachkräftemangel und Überalterung der Betriebsleiter/Innen bei gleichzeitig fehlender Nachfolge in der nächsten Generation.
Viele Jahrzehnte lag der alleinige Fokus der Förderpraxis auf Spezialisierung, Zentralisierung und Orientierung am Weltmarkt, besonders in Niedersachsen. Es entstand eine gravierende Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten regionaler Strukturen.
Diesen Zug zu bremsen und in eine andere, zukunftsorientierte Richtung zu lenken, erfordert ein Umsteuern als gemeinsame Kraftanstrengung mehrerer Ministerien. Die Zeit ist dafür reif und günstig.
Regionale Entwicklung ist kein Selbstzweck. Lokale Lebensmittelherstellung sichert die Grundversorgung und macht die Region weniger krisenanfällig – neudeutsch resilienter. Gleichzeitig schafft jeder Euro, der in der Region verbleibt, durch bekannte Schneeballeffekte Kaufkraft und Beschäftigung. Dies sichert auch die bestehenden Strukturen, macht die ländlichen Wohngebiete attraktiver und die notwendigen Prozesse, sich besser zu organisieren, fördern die Kommunikation.
Im Folgenden werden für jeden Bereich die Probleme und die möglichen Lösungsansätze skizziert. Dabei enthält dieses hier vorgelegte Konzept Ideen und Vorschläge, die im laufenden Diskussionsprozess bearbeitet und erweitert werden können.
Für ein integriertes Konzept ist dabei – wenn man im Ziel übereinstimmt – eine andere/neue Herangehensweise notwendig. Nicht eine Abgrenzung nach Zuständigkeiten führt weiter, sondern die Antwort auf die Frage:“ Wie kann ich mit meiner Zuständigkeit da ansetzen, wo die andere Institution an Grenzen stößt“.
Aufgabenbereiche des Landwirtschaftsministeriums:
Umbau der EFP-Förderung. Stallbauförderung auf Tierhaltungsstufe 3 und 4 begrenzen und ebenfalls eine Größenbegrenzung einführen (BIMSCH-Grenzen). Reduzierung der Tierproduktion bei gleichzeitiger Entwicklung eines Qualitätsmarktes. Zusätzliche Mittel für direkte Verarbeitung und Vermarktung bereitstellen. Dabei auch hier Größenbegrenzung (KU statt KMU) festlegen. Förderung auch für bauliche Maßnahmen anbieten. Ausreichende Mittelbereitstellung, bei Zuteilung erweiterter Kriterienkatalog (Tierschutz, Klimaschutz, Berücksichtigung der Bereiche mit geringem Selbstversorgungsgrad z. B. Gemüseanbau und -verarbeitung), Mindestfördersumme für jeden Antragstermin.
Förderung von Erzeuger- und Vermarktungszusammenschlüssen der landwirtschaftlichen Betriebe. Dabei Umstellung von Projektförderung auf institutionelle Förderung nach Ablauf der Projektförderung ermöglichen. Ziel sollte sein, dass in jeder Region eine Ansprechstelle existiert, die die regionale Produktion, Verarbeitung und Vermarktung unter Nutzung der bestehenden Netzwerke weiterentwickelt, auch als Fortsetzung von Öko-Modellregionen denkbar.
Förderung von regionalen Verteilstellen und deren Logistik. Die effektive und kostengünstige Verteilung der regional produzierten Lebensmittel stellt eine besondere Herausforderung dar. Hauptproblem sind geringe Mengen besonders bei Frischeprodukten und ebenfalls geringe Margen im Lebensmittelbereich, sodass teure Transportwege den Vertrieb unwirtschaftlich werden lassen. Neue Konzepte sind nur bei Nutzung von IT-Lösungen denkbar und bisher nur in Ansätzen erprobt. Ausreichende Unterstützung von Leuchtturmkonzepten kann hier Abhilfe schaffen.
Fortführung Förderung regionaler (handwerklicher) Verarbeitung, zugehöriger Lagerung und Aufbereitung (Getreide, Gemüse), wenn die Rohstoffe aus der Region kommen. Verzahnung mit Wirtschaftsförderung (s.u.).
Ausbau regionaler Schlacht- und Zerlegungsmöglichkeiten im Zusammenspiel mit mobilen Anlagen oder Hof naher Schlachtung. Vereinfachung der Antragstellung auch im Zusammenspiel mehrerer Akteure.
Erhöhung der zugelassenen Tierzahlen bei Schlachtungen im Herkunftsbetrieb. (Änderung von Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 853/2004)
Aufbau eines integrierten Betreuungs- und Beratungsdienstes zur intensiven Begleitung der Betriebe. Viele Förderungen laufen ins Leere, da die Betriebe mit den Investitionen gerade in neue Betriebszweige nicht erfolgreich sind. Dies beginnt schon bei der Planung der Investitionen. Um Fördermittel effektiv einzusetzen, ist wesentlich stärker als bisher eine gute, Sparten übergreifende Beratung sicherzustellen. Dies bedeutet Zusammenführung von spezifischer Produktionsberatung, betriebswirtschaftlicher Optimierung, Spezialberatung Verarbeitung, Erarbeitung und Sicherung von Absatzwegen, Unterstützung bei Einhaltung Hygienerichtlinien, Verpackungsverordnung, Etikettierung etc. Dabei auch Dachverbände und Erzeugerorganisationen einbeziehen, die die Spezialberatung für Einzelbetriebe organisieren und zusammenführen.
Schaffung einer Clearing-Stelle auf Ministeriumsebene, um Auslegungsfragen von Gesetzen und Verordnungen zu beantworten, besonders, wenn diese an die Größe und Anforderungen der Betriebe angepasst werden müssen, Formulierung von best-practice Beispielen, Bürokratieabbau z. B. durch Verschlankung bei den Prüfparametern überwachender Behörden oder Zusammenführung mehrerer Prüfinstitutionen und – bei Zustimmung der Betriebe – gemeinsamer Nutzung der erhobenen Daten.
Überarbeitung der Kontrollgebühren und Anpassung an die Wirtschaftsleistung der Betriebe. Beispiel: Reduzierung der Fleischbeschau-Gebühren
Aufgabenbereiche des Umweltministeriums
Mit dem „niedersächsischen Weg“ sollen Landwirtschaft und Natur- und Umweltschutz vermehrt in Einklang gebracht werden. Federführend bei der Umsetzung ist das MU. Mit den „ökologischen Stationen“ soll diese Übereinkunft in die Fläche gebracht werden. Allerdings ist eine alleinige Orientierung an den Natura 2000 Gebieten und eine bloße Weiterführung der Arbeit der Unteren Naturschutzbehörden nicht ausreichend. Hauptgrund dabei ist, dass viele Flächen nur durch extensive landwirtschaftliche Nutzung erhalten werden können und dabei notgedrungen auch Produkte anfallen, die zu auskömmlichen Preisen vermarktet werden müssen. Eine regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsinitiative ist daher eine notwendige Ergänzung. Daher müssen diese mit den ökologischen Stationen vernetzt und der gemeinsame Bereich besonders gefördert werden.
Gleiches gilt für bereits bestehende sowie neu initiierte Beweidungsprojekte im Naturschutz unterschiedlicher Träger. Förderfähig sollte neben den Maßnahmen zur Wahrung und Steigerung der biologischen Vielfalt zusätzlich auch die Vermarktung der Weidetiere sein.
Ein nicht ausreichend genutztes Potenzial sehen wir in gutem Labeling und Einführung in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. Dabei sind Maßnahmen zu ergreifen, um ein Preisniveau zu erreichen, das für diese Nachfrager interessant ist.
Aufgabenbereiche des Wirtschaftsministeriums
Das Wirtschaftsministerium hat bei Umwidmung von Fördermitteln in Richtung regionaler Wirtschaftskreisläufe große finanzielle Möglichkeiten. Nicht nur landwirtschaftliche Produzenten mit einem größeren Anteil an Verarbeitung und Vermarktung sind oft Gewerbeunternehmen, die Regionalität befördern, sondern auch der überwiegende Teil der Weiterverarbeiter für regionale Lebensmittel fallen in diesen Bereich und damit in die Zuständigkeit des MW. Es geht hier um langfristige Sicherung und einen Ausbau der „regionalen Wertschöpfungsketten“. In der Vergangenheit wurden Maßnahmen manchmal erst dann ergriffen, wenn in einer Region die regionale Produktion zusammengebrochen war und mit viel Mühe wieder neu aufgebaut werden musste. In Zukunft ist z. B. der Erhalt der Arbeitsplätze zur Grundversorgung einer Region mit Lebensmitteln gleichwertig zu stellen mit dem bisherigen Zwang zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Neue Förderrichtlinien müssen zielgerichtet an den Anforderungen unterschiedlicher Unternehmen ausformuliert werden. Gießkannenförderung ist nicht mehr zukunftsfähig. Eine regionale sich selbst tragende Entwicklung braucht Branchen- spezifische Ansätze, z. B. hat eine Bäckerei oder Metzgerei ganz andere Bedarfe als z. B. eine regionale Mühle, eine Gemüse-Vorverarbeitung oder eine Getreide-Lagerung unter Einbeziehung heimischer Eiweissfuttermittel.
Die im Dezember 2022 auf Bundesebene neu beschlossenen Rahmenregelungen für die „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) schafft für die Bundesländer einen wesentlich größeren Handlungsspielraum, den diese auch engagiert nutzen sollten. Dabei geht es nicht nur wie oben erwähnt um Sicherung von Arbeitsplätzen, sondern auch Stärkung von klimaneutralen, nachhaltigen Wirtschaftsstrukturen. Die kontraproduktive 50km-Regel ist entfallen. Die Förderung der „regionalen Daseinsvorsorge“ ergänzt in idealer Weise die Arbeit der Regionalvermarktungsinitiativen.
Unterstützung von „forschungsintensiven Bereichen“ könnten besonders bei der Entwicklung und Erprobung neuer Logistikkonzepte hilfreich sein.
Der neue Ansatz „Planung vor Investition“ passt hervorragend zu unserem Konzept einer „integrierten Beratung“.
Für die Umsetzung der neuen Ansätze in der GRW ist diese für möglichst viele Regionen zugänglich zu machen (Definition der „benachteiligten Gebiete“).
Aufgabenbereiche für Niedersächsisches Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung (MB)
Wie nun die oben entwickelten Ideen und Forderungen umsetzen?
Im politischen Alltag sind Ansätze, die die Zusammenarbeit mehrerer Ministerien erfordern, als undurchführbar eingestuft. Allerdings fordern neue Probleme auch neue Strukturen.
Misserfolge der Vergangenheit sollten nicht fortgeschrieben werden.
Ähnlich wie beim „Niedersächsischen Weg“ haben außerhalb der Ministerien stehende Verbände und Nichtregierungsorganisationen die Aufgabe, Vorschläge zu machen und neue Entscheidungsstrukturen einzufordern. Dieses Papier ist ein Beispiel dafür. Zur konstruktiven Umsetzung sind gut vorbereitete Runde Tische einzusetzen mit engagiertem Zeitplan und Ziel- orientierter Moderation. Gleichzeitig ist ständig abzuklären, ob die entwickelten Ideen kompatibel mit EU- und Bundesförderrichtlinien sind.
Daher wäre es optimal, wenn aus Reihen des MB diese Koordinierungsfunktion übernommen werden könnte und es gleichzeitig gelingt, ein Steuerungskommittee einzurichten, das alle Interessengruppen ausreichend abbildet, ohne zu groß zu sein (ca. 7 Personen). Diese Gruppe bereitet die größeren Treffen aller Stakeholder vor und fasst die Ergebnisse zusammen in Richtung eines Konsenses.
Pilotprojekt Bürokratieminimierung: Besonders regionale kleinere Unternehmen besitzen keine separate Verwaltungskapazität und haben mit Förderanträgen Probleme, obwohl sie die wichtigsten Adressaten einer Regionalentwicklung sind. Wenn neue - Zielgruppen gerichtete - Förderungen unterschiedlicher Ministerien geschaffen werden sollen, eignet sich dieser Ansatz für eine gleichzeitige Entwicklung schlanker Antrags- und Kontrollrichtlinien, die Blaupause für andere Wirtschaftsbereiche werden könnten.
Stand 26. 1. 2023
gez. Eberhard Prunzel-Ulrich,
Vorstand Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Niedersachsen / Bremen e.V.